Kasachstan und Kirgistan sind zwei Länder, die weit ab vom Massentourismus mit ihrer ursprünglichen Natur und Kultur begeistern. Zwischen den schneebedeckten Gipfeln des Tian-Shan-Gebirges, endlosen Steppen und dem traditionellen Nomadenleben entdeckt man eine Welt, so schön und ursprünglich, dass sie fast aus der Zeit gefallen scheint. Hier zählen Weite, Stille und Begegnungen – mit der Natur und mit Menschen.
Meine Reise startete in Almaty, der zweitgrößten Stadt Kasachstans. Eine faszinierende Metropole, in der Gegensätze aufeinandertreffen: Monumentale Relikte der Sowjetarchitektur stehen Seite an Seite mit modernen Hochhäusern und quirligen Märkten. Die schneebedeckten Gipfel des Tian-Shan-Gebirges bilden eine dramatische Kulisse und laden dazu ein, die Natur direkt vor der Haustür zu erkunden. Wer Zeit hat sollte unbedingt die Medeo Schlucht besuchen.
Weiter geht es in den Südosten Kasachstans, wo mich ein wahres Naturjuwel erwartet: der Altyn-Emel-Nationalpark. Besonders die farbenprächtigen Felsformationen der Aktau-Berge faszinieren – leuchtende Rot-, Orange- und Gelbtöne schaffen eine fast surreale Szenerie. Hier wird die unendliche Weite der Steppe greifbar. Ein weiteres Naturphänomen ist die berühmte „Singende Düne“, die bei bestimmten Windverhältnissen ein tiefes, vibrierendes Brummen erzeugt. Mit etwas Glück lassen sich sogar seltene Antilopen beobachten.
Auf dem Weg nach Kirgistan erwartet mich ein weiteres Naturhighlight Kasachstans – der Sharyn Canyon. Der Canyon wird oft als kleiner Bruder des großen Grand Canyons in den USA bezeichnet. Mit seinen bizarren, rotgoldenen Klippen und steilen Schluchten erstreckt sich der Canyon über 150 Kilometer, und kann von Besuchern auf verschiedenen Pfaden erwandert werden.
Dann geht es weiter nach Kirgistan, dem Land der Nomaden und der majestätischen Berge.
Der Grenzübergang am Grenzposten Karkyra ist schnell und völlig unproblematisch. Schon gleich nach dem Grenzübertritt begegnen uns große Schafherden, die auf die Sommerweiden getrieben werden. Bis heute werden in Kirgistan nomadische Traditionen gelebt. Viele Menschen leben weiterhin in Jurten und ziehen mit ihren Herden durch die Berge. Die Landwirtschaft, vor allem die Schafzucht, spielt eine wichtige Rolle im Alltag. Tatsächlich gibt es im Land mehr Schafe als Menschen.
Mein erster Stopp ist Karakol, eine charmante Kleinstadt am Ostufer des Issyk-Kul-Sees, dem zweitgrößten Gebirgssee der Welt. Die Stadt beeindruckt mit einer außergewöhnlichen Mischung kultureller Einflüsse: Die russisch-orthodoxe Heilige-Dreifaltigkeits-Kathedrale und die kunstvoll verzierte, komplett ohne Nägel erbaute Dunganische Moschee zeugen von der Vielfalt der Region. Nur wenige Kilometer entfernt liegt das Prschewalski-Museum, das dem bekannten Entdecker gewidmet ist. Besonders lebendig wird Karakol am Sonntag – auf dem traditionellen Viehmarkt, wo sich Händler und Nomaden treffen, um Tiere zu tauschen und ihre Kultur zu leben.
In Karakol besuche ich auch eine uigurische Familie, um ihre einzigartige Kultur, Traditionen und Lebensweise kennenzulernen. Dabei erhalte ich authentische Einblicke in den Alltag der Uiguren, erlebe ihre Gastfreundschaft und kann mit der Gastgeberin das traditionelle Nudelgericht Langman zubereiten.
Rund um Karakol liegt ein wahres Paradies für Naturliebhaber: Die Jety-Oguz-Schlucht mit ihren markanten roten Felsen sowie die Barksoon-Schlucht, in der ich eine Wanderung zu mehreren Wasserfällen unternehme – stets mit grandiosen Ausblicken auf das Tien-Shan-Gebirge. In der Nähe des kleinen Dorfs Tamga entdecke ich schließlich mystische Findlinge mit uralten tibetischen Felsinschriften aus dem 8. und 9. Jahrhundert – stille Zeugen des buddhistischen Einflusses in dieser Region.
Die Vielfalt der kirgisischen Natur zeigt sich auch in der Märchenschlucht („Skazka“), eine surreal wirkende Landschaft aus bizarren, erodierten Sandsteinformationen, die wie aus einer anderen Welt wirken. Die Farben und Formen erinnern an eine Märchenlandschaft, die zum Erkunden einlädt.
Ein unvergessliches Erlebnis ist für mich die Begegnung mit den Adlerjägern der Region. Nur wenige erfahrene Adlermeister beherrschen noch diese jahrhundertealte nomadische Jagdtradition. Es ist eine stille, kraftvolle Verbindung zwischen Mensch und Tier – geprägt von Vertrauen, Achtung und überliefertem Wissen. Die majestätischen Greifvögel sind nicht nur Jagdpartner, sondern auch stolze Symbole einer uralten Kultur. Neben der Adlerjagd können wir uns auch im Bogenschießen versuchen.
Meine Reise führt mich weiter über Naryn zur historischen Karawanserei Tash Rabat, die auf etwa 3.200 Metern Höhe liegt. Das eindrucksvolle Steingebäude aus dem 15. Jahrhundert war einst ein wichtiger Stützpunkt an der Seidenstraße. Eingebettet in eine dramatische Hochgebirgslandschaft und umgeben von absoluter Stille, spürt man hier förmlich den Hauch der Geschichte. Ganz in der Nähe übernachten wir in einem Jurtenlager, unter einem atemberaubenden Sternenhimmel – ein unvergessliches Erlebnis.
Bevor ich die Hauptstadt Bishkek erreiche, führt mich mein Weg noch zum entlegenen Son-Kul-See, der auf rund 3.000 Metern inmitten der alpinen Steppe liegt. Hier verbringe ich die Nacht erneut in einem traditionellen Jurtenlager – umgeben von endloser Weite, grasenden Schafen und Pferden, inmitten der sommerlichen Hochweiden.
Über das stille Bergdorf Kyzyl-Oi, eingebettet in grüne Täler und umgeben von imposanten Gipfeln, erreiche ich schließlich Bishkek. Doch bevor ich in das urbane Leben eintauche, gönne ich mir einen Abstecher in den nahegelegenen Ala-Archa-Nationalpark. Hier kann man schöne Wanderungen in atemberaubender Natur unternehmen.
Zurück in Bishkek genieße ich das bunte Treiben auf dem Osh-Basar, die entspannte Atmosphäre der Stadt und die spannende Mischung aus sowjetischer Vergangenheit und moderner Gegenwart.
Nach intensiven Tagen voller neuer Erfahrungen, spannender Begegnungen und atemberaubender Landschaften trete ich nun die Rückreise an. Kasachstan und Kirgistan – zwei Länder, die mich tief beeindruckt haben. Ich komme definitiv wieder.