Ein bisschen wie England, ein bisschen wie China. So hatte ich mir meine erste Hongkong Reise damals im Jahr 2009 vorgestellt. Doch der quirlige Charme der ehemals britischen Hafenmetropole hatte mich vollkommen überrascht. Labyrinthartige Gassen im Schatten gigantischer Hochhaustürme, exotische Märkte mit allerlei Kuriositäten und ganz viel Renao, die chinesische Liebe zu lautstarkem Austausch und Geselligkeit. In Hongkong steckte viel mehr China als gedacht!
15 Jahre später überrascht mich Hongkong ein zweites Mal. Diesmal allerdings ist es diese Weltoffenheit, die ich nach den langen Pandemiejahren nicht erwartet habe. Hongkong hat die Corona-Auszeit genutzt und sich herausgeputzt. Egal ob am Flughafen, an den Bahnhöfen oder an den Sehenswürdigkeiten. Die Ausschilderung ist perfekt, immer logisch und das meist englischsprachige Personal jederzeit hilfsbereit. Herzlich willkommen, lieber Reisegast! Auch an der berühmten Victoria Peak ist die Zeit nicht stehengeblieben. Eine nagelneue Zahnradbahn bringt mich hinauf auf den Hausberg von Hongkong Island, begleitet von sanfter chinesischer Popmusik. Ein bisschen kitschig, aber absolut passend zu dem atemberaubenden Ausblick über das Meer aus bunten Hochhäusern und grünen Hügeln.
Nach diesem Ausflug in die Höhen taucht man am besten ganz tief in das Alltagsleben der Hongkong-Chinesen ein. Das geht besonders gut in Kowloon. Die breite Shoppingmeile Nathan Road lasse ich links liegen und begebe mich auf Erkundungstour durch die schmalen Gassen entlang der Temple Street und Shanghai Street. Tagsüber sieht man dort kaum Touristen, dafür zahlreiche Obstverkäufer, Mahjong-Spieler und traditionelle Imbissstände. Ein Abstecher zum traditionellen Nan Lian Garden darf bei einem Kowloon Besuch ebenfalls nicht fehlen. Wer genug von Menschen und Märkten hat, findet am Pier von Sheung Wan Ruhe und Erholung. Die von Palmen gesäumte Uferpromenade wird nur vereinzelt von Spaziergängern und Sportlern genutzt. Bei schönem Wetter genießt man hier einen herrlichen Blick auf das glitzernde Wasser der Hongkong Bucht. Ein Hauch von Miami mitten in Asien! Auch für Kulturinteressierte lohnt sich der Besuch von Sheung Wan. Der daoistische Man Mo Tempel ist die "spirituelle Oase" von Hongkong Island, während der Western Market architektonisch an die britische Kolonialzeit erinnert.
Das wahre Highlight von Hongkong erwartet mich jedoch am Abend. Sobald die Sonne untergeht, versammeln sich Einheimische und Touristen am Pier von Tsim Sha Tsui und blicken gebannt gen Süden. Nach und nach beginnen die imposanten Wolkenkratzer von Hongkong Island mit ihrem bunten Lichterspiel. Wenn dann im Hintergrund entspannte Jazzklänge ertönen und eines der rubinroten Dschunkenboote vorbeifährt, ist die verträumte Stimmung perfekt. Pure Großstadtromantik, ganz ohne Hollywood. Momente wie diese machen Hongkong zu einem absoluten Reisehighlight für Asienkenner und Neulinge. Zudem kann Hongkong wunderbar mit anderen Reisezielen in der Volksrepublik China kombiniert werden. Zur Perlfluss-Metropole Guangzhou oder zu den Karstbergen von Guangxi ist es mit dem Schnellzug nur ein Katzensprung. Alle Ein- und Ausreiseformalitäten erfolgen direkt am Bahnhof Kowloon. Schnell und unkompliziert, typisch Hongkong eben.
再見 / auf Wiedersehen!