Immer der Sonne entgegen – so hat sich der Start meiner Reise aus dem herbstlichen Deutschland angefühlt als ich in München den Flieger nach Neapel boarden durfte. Durch die technologisierte und sehr unkomplizierten Abläufe am Münchener Flughafen stand ich bereits nach zwanzig Minuten vor meinem Gate, nur leider gute zwei Stunden zu früh.
Erste Impressionen auf dem Weg nach Positano
Es war unschwer zu erkennen wann wir Neapel erreicht hatten, denn die Nähe des Flughafens zum Stadtzentrum beschert den Fluggästen beim Landeanflug beinahe einen Blick in die Wohnzimmer der Neapolitaner. Die Aussicht über die Stadt lässt die Urlaubsfreude aufleben und macht Lust auf mehr. Das Programm ließ nicht lange auf sich warten, nach einer guten Stunde Fahrt hatten wir unsere ersten Unterkünfte im niedlichen Dorf Positano erreicht. Für die Fahrt dorthin brauchen Autofahrer allerdings ruhige Nerven und ein gutes räumliches Gefühl für Ihr Fahrzeug, denn meist sind die kleinen Küstenorte nur über eine einzige, kurvenreiche Gebirgsstraße erreichbar. Während die Beifahrer wundervolle Ausblicke über die Küste genießen können, dürfen die Fahrer tief durchatmen, wenn auf einmal ein Bus entgegenkommt, der eigentlich die gesamte Straßenbreite für sich allein in Anspruch nehmen müsste. Doch die Italiener zucken nicht mit der Wimper und manövrieren tiefenentspannt mit nur wenigen Centimetern Abstand ihre Fahrzeuge aneinander vorbei. Ganz wichtig hierbei ist die Kommunikation, die auf den Straßen am allerbesten mithilfe der Hupe unterstützt wird. Dabei kann der schrille Ton viele Bedeutungen haben, von Warnungen, dass man um die Kurve fährt, zu Begrüßungen im Vorbeifahren bis hin zur Kritik am Fahrstil des Anderen - es ist eine eigene Sprache für sich.
Besondere Genussmomente
Nach einer kurzen Hotelführung ging es bereits los zum ersten Programmpunkt: Eine Limoncello cooking class. Das 4* Hotel Margherita, gelegen im Nachbarort Praiano, stellte seine Dachterrasse mit wunderbarem Ausblick für diesen Abend zur Verfügung. Die Zitronen wurden zwar nicht aus dem hauseigenen Garten gepflückt, sind aber dennoch die berühmten Amalfizitronen "Sfusato Amalfitano" mit dem einzigartigen Aroma und dem natürlichen Parfum. Das Besondere an der Sfusato Amalfitano ist ihre besonders dicke, essbare Schale, eine längere und dickere Form sowie eine außergewöhnliche Süße, die nicht mit dem Aroma unserer Früchte vergleichbar ist. Bei Valenti, dem Limoncello-Meister der Gegend, wird kein Teil der Zitrone verschwendet. Die Schale wird fein gehobelt und für mehrere Wochen in Alkohol eingelegt, sodass der hochprozentige Alkohol sämtliche ätherischen Öle aufnehmen kann. Gefiltert stellt die gelbe Tinktur die Basis für den sonnigen Schnaps dar. Die zuvor eingelegte Schale landet hingegen von Schokolade ummantelt auf dem Süßigkeitenteller. Neben seiner Fabrik in Praiano betreibt Valenti auch einen kleinen Shop mit eigener Terrasse in Positano. Dort vertreibt er mit seiner Frau eine beeindruckende Auswahl an hausgemachten Ölen, Marmeladen, Gebäckvariationen, Souvenirs und selbstverständlich diversen Variationen seines Limoncellos. Unser Abend klang bei leckeren maritimen Gerichten, lokalem Mozzarella und ansehnlichen Cocktails aus.
Ebenso wie die Zitronen sind auch die Olivenhaine eine Sehenswürdigkeit der italienischen Küste. Die steilen Gebirgshänge machen den Anbau nicht leicht, doch dank der multikulturellen Einflüsse vergangener Zeiten werden noch heute Mauern gebaut, welche stufenartige Terrassen schaffen. So durften wir etwas außerhalb von Praiano einen traditionellen Olivenhain besuchen, dessen Bäume teils über 400 Jahre alt sind. Neben Oliven werden dort auch Johannisbrot und andere Gemüsesorten angebaut, um die Fläche bestmöglich zu nutzen. Die Ernte erfolgt traditionell per Hand, damit die Bäume nicht unnötig "gestresst" werden. Innerhalb der ersten zwölf Stunden werden die Steinfrüchte bereits weiterverarbeitet.
Entlang des Götterweges zu einem Konzert der Extraklasse
Nach all den Köstlichkeiten kam uns am nächsten Tag eine Wanderung ganz gelegen. Der Götterweg, Sentiero degli Dei, verläuft in seiner ganzen Länge von Agerola bis Positano entlang steiler Abhänge auf ehemaligen Maultierpfaden. Mit seinen knapp 600 Höhenmetern beschert der Götterweg seinen Besuchern atemberaubende Ausblicke über die Berg- und Küstenlandschaften. Trittsicher sollte man hier auf alle Fälle sein, denn so einige Abschnitte bestehen aus mittelhohen Stufen und sind mit kleinerem Geröll bedeckt. Wer sich früh am Morgen auf den Weg begibt, wird gegen 10:30 Uhr in der Hochsaison mit einem unglaublichen Konzert belohnt. Seit 14 Jahren organisiert die Tourismuszentrale der Gemeinde Praiano das kostenlose Event in Zusammenarbeit mit lokalen Musikern sowie der Musikschule. Von der Gitarre über die Violine bis hin zum Piano sind die verschiedensten Instrumente involviert und verzaubern die Gäste inmitten einer idyllischen Kulisse.
Das nächste „leichte“ Lunch war auch wieder sehr regional typisch. Es gab wunderbare Käsesorten, serviert mit Kompott aus der lokalen Birnenart Pere Pennate di Agerola, Gebäcke und eingelegtes Gemüse in großer Zahl und zum Abschluss ein frisch gebrühter Mokka. All das von der sonnengefluteten Terrasse mit Meerblick des Hotels El Rocce. Frisch gestärkt wurde der Tag abgerundet mit einer Olivenöl- und Balsamicoverkostung im Örtchen Ravello, welches für die Terrazza dell’Infinito der Villa Cimbrone bekannt ist.
Zwischen Minori und Maiori
Abends erfolgte dann der Check-in in die neuen Unterkünfte, in meinem Fall im Hotel Villa Romana im verwinkelten Ort Minori. Der Name leitet sich von alten römischen Siedlung ab, dessen Überreste direkt unterhalb der heutigen Stadt lagen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich außerdem ein römisches Spa, welches exklusiv gebucht wird und mit einer vorgelegten Reihenfolge von Anwendungen die Reinigung von Körper und Geist verspricht. Minori ist auch bekannt für den schönen, aber treppenreichen Sentiero dei Limoni, der Weg der Zitronen. Dieser knapp 2 Km lange Weg verbindet Minori und Maiori miteinander und diente ursprünglich als wichtiger Handelspfad. Für die gesamte Strecke müssen jeweils ca. 400 Stufen erklommen und herabgestiegen werden, doch man wird mit beeindruckenden Postkartenmotiven der Küste belohnt und läuft an unzähligen Zitronenbäumen vorbei. Auch wenn die Zitronen verdeckt sind unter schwarzen oder blauen Netzen, um die Früchte vor den Wettereinflüssen zu schützen, so blitzen überall grüne und gelbe Punkte auf. In Maiori angekommen, endet der Weg an der Stiftskirche Santa Maria a Mare, die schon von Weitem gut zu erkennen ist durch ihre Majolikakuppel mit farbenfrohen Keramikziegeln.
Der kurze Zwischenstopp in Maiori endete an der pittoresken Promenade, wo bereits unser Transfer nach Tramonti auf uns wartete. Der Name des Ortes bedeutet so viel wie „zwischen den Bergen“, was eine sehr wörtliche und passende Beschreibung ist. Auf dem Gelände von Tenuta San Francesco durften wir Einblicke in die Weinernte und -herstellung bekommen und haben eine Rebe bewundert, die bereits seit über 200 Jahren dort wächst und einen massiven Stamm entwickelt hat. Das Ergebnis ihrer Arbeit durften wir anschließend im romantischen Restaurant Osteria Reale kosten, wodurch die hausgemachte Pizza umso besser schmeckte. Zu guter Letzt wurden wir noch eingewiesen in die lange Liste der Zutaten für den dunklen, leicht dickflüssigen Likör il concerto. Zimt, Koriander, Nelken, Fenchel, Nelken, Muskatnuss, aromatischer Kalmus, rotes Sandelholz, Sternanis, Wacholderbeeren, Gerste und Kaffee sind nur einige der benötigten Zutaten für den aufwendigen Likör. Serviert mit einem Löffel Ricotta kommt der leicht weihnachtliche Ton mit einem unerwarteten Nachgeschmack gut zur Geltung.
Voller Impressionen und mit bester Laune gingen die Tage zu schnell rum, und auf einmal waren wir wieder auf dem Weg in das hektische Neapel, um uns von Italien zu verabschieden. Trotz des vollen Programms hat die Amalfiküste doch noch so viel mehr zu bieten, das sich nicht alles in einem einzigen Urlaub besuchen lässt.
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